Vergebung
Vor oder zurück, eines Tages führt kein Weg an ihr vorbei ...

Vergebung
Verzeihen Sie bitte, viel wird gesprochen über Vergebung, doch wenn ich mich so
umblicke, so entsteht in mir der Eindruck – ganz so wie der Wiener an der
Wursttheke sagen würde: „Es könnt ruhig ein bisserl mehr sein!“
Dabei ist Vergebung doch etwas, das absolut nicht provoziert werden kann sondern
geschehen möchte, innerhalb eines Raumes in dem ich mich geschützt und
angenommen fühlen kann.
Was soll also dieser provokante, gar fordernde Unterton?
Ich möchte erinnern, dass es mit einem Mal nicht getan ist.
Vergebung ist ein Prozess in den wir hinein wachsen, wenn wir uns immer wieder
bewusst dazu hinsetzen in größter Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Liebe zu uns
selbst – uns wahrnehmend in unseren Grenzen und Bedürfnissen.
So viele Mauern gibt es auf dieser Welt in dieser Zeit in der wir leben –
ideologische Mauern. Ich spreche jetzt gar nicht von chinesischen, berliner
oder trump´schen Mauern und doch sind auch diese ein gutes Übungsfeld für
Vergebung und der Kreis würde sich schließen.
Was ist die Mauer?
Was ist es, das zwischen uns und dem Anderen steht?
Kollektiv ist es die Überzeugung von einem unterschiedlichen Wertebewusstsein,
die moralische, ethische und kulturelle Mauern wachsen lässt.
Individuell ist es die Verletzung aus der Vergangenheit, die zu einer „Narbenbildung“
geführt hat, deren „Kruste“ zu meinem Schutz vor ähnlichen oder weiteren
Verletzungen stehen geblieben ist.
Jedes Mal, wenn wir mit dieser in Berührung kommen, reißt sie wieder ein
Stückchen auf.
Gemeinsam ist, dass es ein dahinterliegendes Urteil ist und die Angst vor einer Verletzung meiner persönlich empfundenen Grenze, das diese Mauern wachsen lässt.
Soweit die Theorie und
ganz abstrakt - aus gesunder Distanz – was aber, wenn es Einen überkommt?
Was wenn die Werte des Anderen mein Wertesystem bedrohen?
Was wenn eine Grenze eingerissen wurde?
Was, wenn Verletzung statt gefunden hat?
Der Wächter
Ich beobachtete im Geistigen bei mir und auch bei Anderen,
dass in diesem Moment des Schocks, da wo uns der Atem für einen Moment lang stockt,
da wo wir ganz kurz „neben uns“ stehen „fassungslos“, sich etwas aus uns heraus
löst und sich neben uns stellt.
In diesem Moment scheint alle Wärme für nur einen kurzen Augenblick einer Kälte
zu weichen.
Egal ob dieser Schock durch einen Menschen, ein Tier, ein Ereignis, ein
Telefonat, eine Operation, einen Unfall herbeigeführt wurde, etwas stellt sich
uns zur Seite.
Natürlich, seid beruhigt, es sind auch immer Engel zugange, die uns hier durch
begleiten, doch es ist da auch etwas Anderes, ein Seelenteil, ein Aspekt, ein
Teil von uns der sich neben uns stellt und den nenne ich den „Wächter“.
Es ist im Grunde ein Bewusstseinsfeld, das außerhalb von uns steht und uns
fortan begleitet.
Menschen, die das in einer wissenschaftlicheren Sprache ausdrücken und nicht
schon bei den Engeln mit Lesen ausgestiegen sind, würden vielleicht eher sagen,
dass ein solches Ereignis zu einer neuen Verschaltung im Gehirn geführt hat und
das als „Erinnerung“ bezeichnen.
Ich spreche hier von dem abstrakten Begriff „Wächter“, da sich damit gut
arbeiten lässt und uns der Glaube an das Gute erhalten bleibt. Der Begriff „Erinnerung“
ist bereits weitreichend belegt und das nicht nur mit erfreulichen Bildern. 😉
„Der Wächter“ ist fortan da, um für „unseren Schutz“ zu sorgen. Den Begriff „Schutz“
setze ich deshalb unter Anführungszeichen, da es um eine konditionierte
Vorstellung von Schutz geht und nicht um einen naturgegebenen.
Er sorgt dafür, dass wir in ähnlichen Situationen bereit sind, sodass Selbiges
oder Ähnliches nie wieder passieren möge.
Der „Schutz“
Nun ja Selbiges passiert in 99% der Fällen ohnehin nicht.
Nicht weil wir aus unserem Erlebnis so achtsam hervor gegangen sind, nicht weil
unser „Wächter“ seinen Job so gut macht, sondern weil Karma gut für sich sorgt
(auch für „den Anderen“ nebenbei bemerkt) und weil Karma es nicht so häufig nötig
hat, im selben Gewand zu erscheinen.
Unser „Wächter“ jedoch steht immer da.
1 Jahr – gut, das brauchen wir zur Heilung. Im ersten Jahr ist es tatsächlich
gut, sehr achtsam zu sein und der „Wächter“ erinnert uns daran, wach zu
bleiben.
2 Jahre … 3 Jahre …. 4 Jahre … in manchen Fällen ewig (die finden sich dann in
Reinkarnationsseminaren wieder), sofern wir ihn nicht entlassen.
Sollte es mir zum Beispiel geschehen sein, dass bei mir
eingebrochen wurde, erinnert mich mein „Wächter“ beständig daran, die Türen und
Fenster zu schließen, zuzusperren, die Rolläden hinunter zu lassen, nach Umzug
eine neue Haushaltsversicherung abzuschließen, im Urlaub den Safe zu
aktivieren, …
Nicht, dass dies nicht sinnvoll wäre. Es ist gut, das bewusst zu tun und sich
ebenso dessen bewusst zu sein: Ich halte durch dieses Denken etwas aufrecht,
nämlich die Annahme, dass die Welt da draußen unfreundlich, nein sogar
feindselig sei.
Bin ich zum Beispiel einmal betrogen worden, so wird ein „Wächter“
erscheinen, der sich permanent mit der Interpretation des Verhaltens meines
Partners befasst. Seine Munition könnte Eifersucht, Zweifel oder Kritik sein.
Er könnte dafür sorgen wollen, dass entweder ich mich überhöhe um zu
kontrollieren oder mein Partner überhöht wird, sodass ich als Opfer die
Situation kontrolliere.
Er könnte ein Machtspiel entfachen, das wahre Gefühle erstickt, dafür große
Emotionen hervorbringt, sodass ich die Kontrolle über die Emotionen meines
Partners behalte.
Nicht, weil mein „Wächter“ böse ist, tut er das, sondern weil er mich schützen
möchte, als ein neben mir laufendes „Erinner-mich“ aus der Vergangenheit.
Mir die Sicht verstellend auf das, was jetzt wirklich ist.
Meinen Partner sehe ich fortan nur noch durch den Schleier meiner
Interpretation, aus der Traumwelt meines Traumas heraus. Eine Traumwelt, die
mich vor wahrer Nähe schützt, in der es immer „einen Dritten“ gibt zwischen mir
und meinem „Liebsten“ in der ich tiefe Liebe, Verbindung, Freiheit, Nähe und
Leichtigkeit nie spüren werde.
Hatte ich schreckliche körperliche Erfahrungen, so entwickle
ich auch dort ein Trauma und mein „Wächter“ schützt mich. Meiner z.B hat seine
liebe Not damit, mich vor Ärzten zu schützen, da ich schreckliche Dinge während
einiger Krankenhausaufenthalte in meiner Kindheit erfahren hatte.
Er konnte mich gottseidank jedoch nicht so weit schützen, nun doch einen Arzt
zu heiraten. 😉
Den nehme ich dafür jetzt mit zu meinem wirklichen Schutz, wenn ich ins Spital
muss.
Je nach körperlichem Trauma wird sich ein „Wächter“ herausbilden, der mich
beschützt dunkle Gassen zu betreten, in Tiefgaragen zu parken, der Spinnen
meidet, der nicht mehr ins Wasser geht, der Feuer meidet, der nicht mehr läuft,
ski-fährt, Spritzen oder Ärzte fürchtet, …
Was auch immer es
sei, unser Wächter ist niemals frei.
Das ist auch nicht sein Job!
Sein Job ist es, auf uns aufzupassen, bis wir wieder
entspannt atmen können.
Sein Job ist es, uns zu begleiten und zu beschützen, bis wir genesen sind und
uns erlauben, wieder selbst auf uns zu schauen – und ihn entlassen.
Vergebung
Entlassen können wir ihn nur auf eine Weise und da „der
Wächter“ uns so sehr an unseren Schmerz erinnert, erscheint es uns, als sei es
das Schwierigste auf der Welt:
Ein Mal noch müssen wir es tun!
Ein Mal noch müssen wir dort hinsehen, wo die Verletzung ist, die ihn
hervorgebracht hat.
Hinsehen! Betrachten!
Aus der Distanz, der Perspektive, die der jetzige Moment in sich trägt.
Wer weiß, vielleicht hat sie sich verändert.
Vielleicht verändert sie sich im Licht meiner Aufmerksamkeit.
Hinsehen.
Nicht daran Kratzen! Nicht Ziehen! Nicht untersuchen!
Keine Befunde!
Ansehen.
Ich begleite Dich gerne dabei…
Selbstvergebung
Vergebung hat etwas mit Geben zu tun. Bedingungslosem Geben.
Wir geben etwas und können es nicht wissen, ob und was wir dafür erhalten.
Vielleicht glauben wir sogar, wir würden jemand anderem etwas geben, das für
jemand Anderen tun, doch das ist falsch!
In diesem Universum begegnen wir immer wieder nur uns selbst.
Unser Urteil über einen anderen erzählt uns viel mehr über uns selbst, als über
den anderen.
Wer der andere ist, werden wir sehr wahrscheinlich nie zur Gänze begreifen.
Vergebung bedeutet den Graben zu überbrücken zwischen mir und
meiner Vergangenheit.
Meiner eigenen, nicht der des anderen. Der hat seine Übung selbst zu machen und
Karma wird ihn daran erinnern.
Zu überbrücken, was zwischen mir und der Welt steht: den Graben, die Mauer, …
Ich reiche meine Hände weit hinüber über den Graben zwischen mir und meinem
damaligen Ich und erkenne mich selbst mit Mitgefühl und Liebe, unsentimental.
Und in aller Liebe hebe ich mich über den Graben und nehme
mich in den Arm. Wie ein Kind.
Keinen Wächter brauch ich mehr! Ich bin ja da!
Das ist Selbstvergebung!
Ich reiche mir die Hand über mein Selbsturteil hinweg zu mir.
Und wie ist es mit den Anderen?
Vergebung bedeutet, die Gefängnistüre zu öffnen und herauszufinden, der Gefangene warst Du selbst!
Es ist keine leichte Übung einen Diebstahl zu vergeben, betrogen worden zu sein in seiner Partnerschaft oder um seine Kindheit, körperliche Verletzungen zu vergeben, Gewalt, Missbrauch, doch eines Tages kommen wir an den Punkt, dass kein Weg mehr daran vorbei führt, wenn wir uns frei fühlen wollen und dem Trauma entkommen wollen.
Unser Groll, unsere Angst, unsere Wut, unsere Ohnmacht sind
die Gefängniswärter unserer Zelle und unsere Zelle ist unser Urteil über das
was der andere falsch gemacht hat, bis hin zu Gott.
Das Drama daran ist, dass wir dabei erkennen müssen, egal wie laut wir
schreien, ihn mit Urteilen bewerfen, egal was wir ihm vorwerfen, wie sehr wir
unser Urteil über ihn rechtfertigen, er läuft da draußen frei, während wir uns
als Opfer und unfrei fühlen.
„Der Wächter“ warnt: „Vergebung wäre ein Zugeständnis seiner
Macht. Fast ein Einladen, das Gleiches wieder geschieht!“
Wenn der Wächter so spricht jedoch, ist er seines Dienstes nicht mehr würdig.
Seine Zeit des wahren Schutzes zur Heilung ist vorbei und er benimmt sich wie
ein pragmatisierter Bürokrat, der seinen Schreibtischsessel gewöhnt ist und die
Veränderung nicht sucht.
Doch Nein!
Du allein hast die Macht zu vergeben!
Sonst keiner!
Und Du hast die Macht, bewusst Dein Umfeld zu wählen. Vergeben bedeutet nicht, dass
Du zu allem Ja zu sagen hast. Vergeben bedeutet viel mehr, dass Du Deinen
Widerstand gegen das, was bereits geschehen ist ablegst, anerkennst, dass das
Leben Dein Freund ist, selbst wenn Du in diesem Moment noch nicht das Geschenk
darin sehen kannst in dem, was Dir widerfahren ist.
Vergeben bedeutet, dass Du bereit bist, das Geschenk auszupacken, das hinter
dem Trauma und der Angst liegt, Dich selbst in den Arm zu nehmen.
Vergebung kann Dich in die Freiheit führen aus der Du klare Entscheidungen
treffen kannst über Deine Beziehungen, über Deine Grenzen, über Deinen Körper.
Du selbst sorgst für Dich, weil Du Dich lieb hast und für Dich da bist, wenn Du
Dich brauchst.
Vergebung - der Workshop mit Constanze
Ich hatte in meinem Leben einiges zu vergeben und wahrscheinlich werde ich mich noch lange darin hingeben.
Aus unterschiedlichen Gebieten habe ich Übungen und Werkzeuge zusammengetragen, mit denen wir ein Wochenende lang arbeiten.
Zu den nächsten Terminen geht es >> hier <<
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